Salma Arzouni

| 4 min read Transgender Explosion

Salma Arzouni, Tochter eines libanesischen Einwandererpaares, ist zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen  und lebt  in Berlin, ist aber mit der Heimat ihrer Familie stark verbunden. Besonders in der Queer und Trans* Community in Beirut hat sie viele Freund:innen. Als im August 2020 eine Explosion das Hafenareal der Metropole, das Stadtviertel, wo besonders viele Mitglieder der lokalen Queer und Trans* Community leben, erschüttert, entscheidet sie sofort, zu helfen.

Gemeinsam mit ihren Freund:innen Siwar und Sasha, beide selbst Teil der Community in Beirut, organisiert sie eine Fundraisingkampagne auf GoFundMe. Denn die Explosion hat die Lebensgrundlage hundertausender  Menschen, insbesondere der Queer und Trans* Community zerstört, Menschen aus der Arbeiter:innneklasse und Mernschen unter der Armutsgrenze, zerstört. 

Die Viertel Achrafieh, Mar Mikhael und Karantina um den Hafen Beiruts sind traditionell die Viertel der Stadt, in der Mitglieder der Community Zuflucht suchen. In einem Land wie Libanon, wo es de facto illegal ist, queer oder trans* zu sein, bietet ihnen der Hafen einen Ort von Freiheit. Leute der Community haben sich deshalb hier angesiedelt. Sie wohnen nicht nur hier, sie arbeiten meist auch hier und haben ihre komplette Lebensgrundlage in diesen Vierteln um den Hafen herum aufgebaut.

Als im August 2020 ca. 2.700 Tonnen Ammoniumnitrat, ein hochentzündliches Salz, explodieren, sterben 280 Menschen, werden 7.000 Menschen verletzt und 300.000 über Nacht obdachlos. Das Ausmaß der Zerstörung trifft auch die Queer und Trans* Community. Viele verlieren nicht nur ihre Wohnungen, sondern ihre gesamte Lebensgrundlage, in einem Viertel, in dem sie sich im Vergleich zum Rest des Landes relativ sicher gefühlt und in dem sie gearbeitet und Geld verdient haben.

Um ihren betroffenen Freund:innen und Bekannten der Queer und Trans* im nach der Explosion sofort Hilfe zu leisten, startet Salma von Berlin aus aber gemeinsam mit Siwar und Sasha, beide aus Beirut, eine Fundraisingkampagne. Doch die Kampagne dient, wie sie selbst zugibt, nicht nur dem Sammeln lebensnotwendiger Spenden, sondern auch als Ventil für die eigene Trauer. In diesem Moment der Ohnmacht und des Unverständnisses, vor allem darüber, dass ein so hoch gefährlicher Stoff ohne die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen am Hafen gelagert wurde, darüber, dass der libanesischen Regierung ein paar Geldscheine wichtiger als das Leben ihrer eigenen Bevölkerung zu sein scheint, hilft es den dreien, aktiv zu werden.

In Kollaboration mit Elias Karam, einem Freund, der in Amsterdam für die queere  NGO Stitching Secret Garden arbeitet,  starten sie mit einem Spendenziel von 6.000€ und sind bald überwältigt von der Welle der Hilfsbereitschaft, die ihnen entgegen strömt. Hauptsächlich Mitglieder der internationalen Queer und Trans* Community spenden, einige bekannte Gesichter sind sogar dabei. Als sie 80.000€ gesammelt haben, beenden sie die Kampagne obwohl sie sicherlich noch mehr hätten einnehmen können. „Wir hatten genug zusammen, damit 400 Menschen für 6 Monate lang ihren Lebensunterhalt bestreiten können.“, sagt Salma. „Deshalb haben wir entschieden, die Kampagne abzuschließen und uns um die Verteilung der Gelder zu kümmern.“

 

Zusammen mit der lokalen NGO Mosaik organisieren Salma, Siwar und Sasha die faire Vergabe der gesammelten Spenden. So konnten Betroffene sich ihre finanzielle Soforthilfe im Büro der Organisation in cash abholen. Ganz ohne Vorgaben oder Richtlinien möchte Salma und ihr Team die Gelder einsetzen. Die Menschen sollen selbst entscheiden können, wofür sie die Hilfen einsetzen. Doch der Betrag reicht aus, um für ca. sechs Monate Miete, Fixkosten und Essen zu bezahlen. Für ein paar Betroffene, die von der Explosion stark verletzt wurden, konnten auch die Operationskosten getragen werden.  „Die Betroffenen sollen diese sechs Monate bekommen, um sich zu sammeln, wieder auf die Beine zu kommen, mit ihrem Trauma umzugehen.“ Sie sollen sich in der Zeit nach der Katastrophe nicht noch mit Geldsorgen herumplagen sondern ihren Lebensunterhalt abgesichert wissen, zumindest so lange, bis sie wieder auf eigenen Beinen stehen können. 

Salma ist heute noch immer beeindruckt davon, wie viele Menschen aus ganz unterschiedlichen Teilen der Welt so schnell bereit waren, zu unterstützen. Dank der GoFundMe-Kampagne konnte sie und ihr Team es vielen ihrer Freund:innen und deren Freund:innen im Beiruter Hafenviertel ermöglichen, mit dem Trauma der Explosion langsam fertig zu werden und sich das eigene Leben erneut aufzubauen. 

 

Auch wenn die Menschen in Beirut fast zwei Jahre nach der Explosion noch mit den emotionalen und psychologischen Folgen der Katastrophe zu kämpfen hat, die Inflation das Leben schwer macht und der Libanon als Land immer mehr auseinanderbricht, funkelt das Wissen um die internationale Gemeinschaft, die sich in der erfolgreichen GoFundMe-Kampagne kristallisiert hat, wie ein kleiner Hoffnungsschimmer. 

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