
Gewalt gegen Frauen und Tschaikowski
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Ich betreibe seit 2024 den Salon de Musique in der Tschaikowskistraße 14 in Leipzig.

Am 17. Februar 2024 trennte ich mich von meinem damaligen Partner. Mit der Trennung wurde er für mich völlig unerwartet zu einem Menschen, den ich nicht kenne: gewalttätig inmitten der Nacht. Zunächst jede Nacht, dann mit ein paar Nächten Pause zwischen seinem Wiederauftauchen. Die Vorfälle starteten mit wiederholtem Abreißen von Klingel und Visitenkartenbox an der Außenwand des Salon de Musique sowie der Zerstörung meines gesamten Internetauftritts und steigerten sich zu Boxschlägen sowie Steinwürfen durchs Fenster. Die Vorfälle sind auf der eigens wegen dieser angeschafften Überwachungskamera aufgezeichnet und der Polizei sowie den RichterInnen zugänglich gemacht worden. In der Nacht vom 12. auf den 13. März 2024 spitzte sich die Lage in einem Einbruch zu, bei dem er die restlichen Fenster zerstörte und diese als Einstieg benutzte, um im Salon de Musique die Stereo-Anlage zu zerstören, eine Tür zu demolieren, den Flügel schwer zu beschädigen sowie auf Wand, Sofa und Teppich viel Blut zu verlieren durch einen vorgetäuschten Selbstmordversuch. Die Polizei übergab ihn dem Rettungsdienst und teilte mir mit, dass er in der Psychiatrie verwahrt werde. Weniger Stunden später lief der Mensch wieder auf freiem Fuß herum. Der Sachschaden des Einbruchs wird in etwa auf 25.000€ geschätzt.




Eine Gewaltsschutzverfügung war am 27. Februar ergangen aufgrund derer er sich mir, meinem Zuhause und dem Salon de Musique nicht mehr als auf 100m nähern und keinen Kontakt zu mir aufnehmen darf. Bei Verstößen droht ihm Geldstrafe oder Ordnungshaft. Leider hat ihn diese Verfügung nicht davon abgehalten, zweimal jeweils nacht und betrunken große Steine durch die Fenster zu werfen. Der Flügel wurde am 19. März 2024 abtransportiert zurück ins Blüthner-Werk, sowohl zur Reparatur als auch zur Prävention vor weiteren Schäden.
Ich habe aktuell alles getan, was ich tun kann und kümmere mich um die Reparatur sowie Bereinigung des Salon de Musique. Die Polizei kann mit Ausnahme der Aufnahme der Strafanzeigen nichts unternehmen, da bei Verstoß gegen die Gewaltschutzverfügung zivilrechtlich gegen den Täter vorgegangen wird und bekanntlich die Mühlen der Bürokratie langsam mahlen. Die Sachbeschädigungen reichen außerdem nur für Strafanträge, die in ferner Zukunft bearbeitet und nicht zu vor ihm schützenden Strafen führen werden. Sofern er mich nicht körperlich verletzt, wird die Polizei ihn bei erneuten Vorfällen nicht mitnehmen. Meine einzige Handlungsmöglichkeit besteht darin, die Überwachungskamera weiterhin zu observieren, wie bisher bei neuen Vorfällen die Polizei zu rufen und sie meiner Anwältin zu melden, sodass diese weitere Ordnungsmittel beantragt.
Seit dem Einbruch habe ich eine Alarmanlage installiert, den Unterricht ausgelagert, den Flügel abtransportieren lassen und vor Allem wenig geschlafen und kaum gelebt. Im Salon de Musique kann ich nicht mehr arbeiten, da ich kleine Kinder unterrichte und den Ort nicht mehr als sicher wahrnehme. Die bisher geplanten Veranstaltungen musste ich absagen, da sie jedenfalls ohne Flügel und mit blutverschmiertem Teppich nicht wie geplant umsetzbar sind. Mein Pianist kann den Flügel für mindestens einen Monat nicht mehr nutzen - nach und nach werden mir meine Einnahmequellen unfreiwillig entzogen.
Ich weiß nicht, ob ich mit der Idee des Salon de Musique in der Tschaikowskistraße bleiben kann. Noch sehe ich nicht ein, mich durch die Gewalt eines kranken Mannes vertreiben zu lassen und zuzusehen, wie das System weg sieht und nichts unternimmt. Es kann sein, dass dieser Mann einsieht, dass er einen Entzug braucht und sich in klinische Behandlung gibt. Es kann leider nicht sein, dass er von Gerichts wegen dazu gezwungen wird. Es kann aber auch sein, dass weiterhin nichts passiert, sofern nicht die Grenze zu körperlicher Gewalt überschritten wird und selbst da wird es Menschen im System geben, die sich abwenden werden. Ich möchte keine Gesundheit und kein Leben aufs Spiel setzen, nur um zu beweisen, dass das System an dieser Stelle versagt und mich, meinen Pianisten und meine SchülerInnen nicht schützt.
Ich sammle Geld*, weil es eines der Dinge ist, die mich aktuell unterstützen können - nicht nur mich, sondern stellvertretend alle Frauen und Menschen, die ähnliche Gewalt erfahren mussten, heute müssen und denen das System diese ungerechte Behandlung, sie zu Opfern zu machen, ohne dass sie es wollen, nicht anerkennt, diese Gewalt sogar noch leugnet, indem nichts zum Schutz der Opfer unternommen wird, und sie damit verherrlicht.
Ich will den Teppich in die Teppichreinigung geben anstatt mir zumuten zu müssen, das Blut desjenigen wegzuwischen, der all das, was ich mir mit so viel Mühe in den letzten Jahren aufgebaut habe, innerhalb von vier Wochen zerstören kann.
Ich danke meiner Mutter und ihrem Mann, die versucht haben, den Teppich zu reinigen und die es geschafft haben, das Blut aus dem Sofa und dem Sessel zu entfernen.
Die Wand muss an einigen Stellen überstrichen werden.
Es ist nicht klar, ob die Versicherung die Schäden an fünf von sechs hintereinander zerstörten Scheiben übernimmt oder ob ich die Rechnungen begleichen muss.
Es ist nicht klar, ob ich hier bleiben kann oder ob mich die Angst bei Einbruch der Dunkelheit, das Zusammenzucken bei jedem ungewohnten Geräusch, die Alpträume, die zu große Verantwortung gegenüber meinen GeigenschülerInnen und ich mit dem Salon de Musique die Tschaikowskistraße verlassen und umziehen muss.
Mein Ex-Partner hat mir am 15. März anwaltlich zugesichert, dass er sich an das Kontakt- und Näherungsverbot gem. § 1 GewSchG halten wird. Ich hoffe sehr darauf, dass er sich daran hält und wünsche ihm, dass er es schafft.
Ich danke von allen zuerst meiner Schwester. Sie ist mein Ein und Alles und mein Leben ist gerade ihres. Ich danke José und Alba, dass sie sich so liebevoll um die Salonkatzen kümmern. Ich danke meinen FreundInnen, die ans Telefon gehen, wenn mich nachts um drei die Polizei mit Scherben und Blut und der Zerstörung alleine lässt, die mich ablenken und immer noch zum Lachen bringen.
*die Spenden, die seit Januar 2025 eingehen, werden großteils für Angebote von Hilfsorganisationen verwendet.
Organizer
Desirée Roßbach
Organizer
Leipzig, Sachsen